Das Archäologische Landesmuseum eröffnet am 9. Juli 2022 die Sonderausstellung „Mittelalter am Bodensee – Wirtschaftsraum zwischen Alpen und Rheinfall“, die tiefe Einblicke in das mittelalterliche Leben im Bodenseeraum bietet.
Für die internationale Wanderausstellung haben sich zwölf verschiedene Museen und archäologische Fachstellen aus der Vierländerregion Bodensee zusammengeschlossen. Sie präsentiert der Öffentlichkeit rund 150 hochkarätige, zum Teil nie gezeigte archäologische und historische Exponate. Nach dem erfolgreichen Start im Historischen und Völkerkundemuseum St.Gallen sowie dem Museum für Archäologie in Frauenfeld, ist die Ausstellung nun bis zum 08.01.2023 im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz zu sehen.
Leben und Wirtschaften am Bodensee im Mittelalter
Der Bodensee und seine Zuflüsse wurden im Mittelalter als Wasserwege genutzt, die einen Wirtschaftsraum von den Bündner Alpenpässen bis zum Rheinfall verbanden. Städte bildeten Bündnisse, man einigte sich auf ein einheitliches Währungssystem, betrieb Landwirtschaft, Handwerk, Bergbau und handelte mit weit entfernten Gebieten.
Die Ausstellung zeigt die wichtigsten Bereiche des mittelalterlichen Lebens und Wirtschaften am Bodensee. Die Landwirtschaft bildete die Grundlage für die Nahrungsversorgung der Bevölkerung. In den Städten wurden Rohstoffe verarbeitet, die Handwerker waren in Zünften organisiert. Fertigprodukte, Halbfabrikate und Abfallstücke geben einen Einblick in die mittelalterliche Handwerkskunst. An Häfen wurden Güter umgeladen, auf Märkten wurde gehandelt, Schiffe und Lastentiere transportierten Handelsgüter in weit entfernte Gebiete. Der große Exportschlager waren Leinwandprodukte, die bis nach Nordafrika, Syrien und auf die Krim verhandelt wurden.
Schriftquellen aus dem Stadtarchiv Konstanz und dem Generallandesarchiv Karlsruhe vermitteln neben den archäologischen Artefakten eine weitere Facette des Wirtschaftsraums Bodensee im Mittelalter. Insgesamt sechs Dokumente aus dem 13. bis 16. Jahrhundert geben einzigartige Einblicke in das alltägliche Leben, in Handelshemmnisse, Vorschriften, Steuern und den Willen, gemeinschaftlich Probleme anzugehen und zu lösen. Ein kostbares Exponat ist der Riedlinger Vertrag aus dem Jahr 1423: Der Münzvertrag zwischen der Grafschaft Württemberg, den sechs Bodenseestädten Konstanz, Überlingen, Lindau, Wangen, Buchhorn (heute Friedrichshafen) und Radolfzell sowie der neun innerschwäbischen Städte Ulm, Rottweil, Schwäbisch Gmünd, Kempten, Pfullendorf, Kaufbeuren, Isny, Giengen und Aalen regelte die Geldverhältnisse weiter Teile Schwabens für Jahrzehnte verbindlich. An der Urkunde hängen die Siegel der 18 Vertragspartner, die in außergewöhnlich gutem Zustand erhalten sind.
Eintauchen ins Mittelalter
Wie schon bei der sehr erfolgreichen und prämierten Sonderausstellung „Magisches Land – Kult der Kelten in Baden-Württemberg“, die für ihre außergewöhnliche Qualität den internationalen Designpreis Fokus Open Silver des Landes Baden-Württemberg gewonnen hat, erleben die Besucherinnen und Besucher auch in der neuen Sonderausstellung nicht zuletzt durch hinterleuchtete Wände ein sehr stimmungsvolles und realistisches Ambiente, das sie direkt ins Mittelalter führt. Die großformatigen kolorierten Federzeichnungen stammen aus der reich bebilderten Richental-Chronik, die der Konstanzer Bürger Ulrich von Richental verfasst hat. Als Zeitzeuge des Konstanzer Konzils (1414–1418) beschreibt er in oberdeutsch-alemannischer Mundart die bedeutenden Ereignisse, aber auch kleine Alltagsbegebenheiten. Die ursprüngliche Chronik ist nicht erhalten, aber in 16 Abschriften überliefert. Die hier verwendete reich bebilderte Version ist wohl um 1464 entstanden und im Rosgartenmuseum Konstanz ausgestellt.
Escape Room "Das Archiv" – der etwas andere Zugang zum Mittelalter
Ein besonderes Highlight ist der in St.Gallen für die Ausstellung konzipierte Escape Room, der für Konstanz angepasst wurde. Hier wird zeitgemäß mit aktuellen Spielformaten neuen Besuchergruppen, z.B. jungen Erwachsenen, das Thema der Sonderausstellung vermittelt. Der Escape Room eignet sich auch gut für Familien und Schulklassen, da er spielerisch einen niederschwelligen Zugang bietet: Im Mittelpunkt stehen ein altes Stadtarchiv und drei auf mittelalterlichen Schriftquellen basierende Rätsel aus dem Bodenseeraum rund um einen Salzdieb, eine Hebamme und einen Scherer. Es warten dunkle Geheimnisse und eine spannende Mission im Wettlauf gegen die Zeit ...